En

Stefanie Moshammer, Wien

In the Studio

Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin; (c) Stefanie Moshammer

»Man kann sich der Fotografie bedienen, um der eigentlichen “Realität” so nahe wie möglich zu kommen.«

Stefanie Moshammer zählt zweifellos zu den meist beachteten jungen Positionen in der Fotografie. Ihre Bilder bewegen sich zwischen dem Genre der Dokumentation und der Fiktion, zwischen Spontaneität und Inszenierung. Ihre Arbeit entspringt ihrer unmittelbaren Wahrnehmung der Welt und untersucht das Verhältnis von einfacher Beobachtung und der Poesie persönlicher Eindrücke. Die Verwendung lebendiger Farben, starker Kontraste, unerwartet ausgeschnittener Szenen und ihre Fähigkeit zur subtilen Beobachtung machen ihre Fotos so unverwechselbar.

Stefanie, was würdest du jemanden, der weniger vertraut mit deiner Arbeit ist, über das künstlerische Interesse, das deine Praxis antreibt, erzählen?
Ich arbeite hauptsächlich im Bereich der Fotografie, und manchmal beinhaltet das auch Bewegtbild. Oft hat meine Arbeit einen dokumentarischen Kern, der in Verbindung mit dem Konzept der Fiktion steht und eine mehrdeutige Überlagerung von Darstellungen und Realitäten mit sich bringt. Dabei begebe ich mich an verschiedene Beobachtungsorte, so dass eine poetische Wahrnehmung entstehen kann. Es ist eine Mischung aus spontanen Situationen, die der inszenierten Fotografie gegenübergestellt wird, und einen bestimmten Ort oder ein bestimmtes Motiv enthüllt. Meine Arbeit beinhaltet auch eine Erforschung von Mythen und Stereotypen, einschließlich der Unsicherheit darüber, was ich hier unwissentlich zu sehen bekomme.

In Zeiten, in denen jeder ein Fotograf sein kann, wird die Fotografie manchmal als künstlerisches Medium in Frage gestellt. Was wirfst du jemand vor, der sich für die Arbeit mit diesem Medium entschieden hat?
Ich denke Fotografie kann nie gleich Kunst sein. Die Fotografie ist ein sehr offenes und direktes Medium, die Kunst selbst ist aber meist sehr indirekt. Fotografie wird erst Kunst, wenn ein gewisser Stil damit verbunden wird. Somit ist es nicht das Medium Fotografie, sondern die Fotografin oder der Fotograf, die oder der aufgrund der eigenen Sprache, die die Fotografie zum Ausdruck bringt als Kunst schaffende Person wahrgenommen wird. Hierfür bedarf es mehr als nur das Produzieren von Bildern. Bilder müssen in einen Kontext gebracht werden. Das Bild als solches, ohne Kontext, ohne Auseinandersetzung, ist einfach nur ein Bild. Somit verstehe ich, dass Fotografie einen längeren Weg hat, als Kunst wahrgenommen zu werden.

Gibt es einen Aspekt, bei dem die Fotografie ihre Stärken voll ausspielt - mit anderen Worten: Gibt es etwas, das man mittels Fotografie besser ausdrücken kann als mit jedem anderen Medium?
Man kann sich der Fotografie bedienen, um der eigentlichen “Realität” so nahe wie möglich zu kommen. Wobei natürlich jedes aufgenommene Bild auf seine Art und Weise subjektiv ist, aber es gibt bereits eine vorgegebene Kulisse, derer man sich bedienen kann. Ich glaube auch, dass es ist mittels der Fotografie leichter ist eine gewisse Reichweite an Menschen zu erreichen. Je nachdem, welche Art der Fotografie es ist, können sich die meisten eher mit einem fotografischen Bild identifizieren. Es ist aber auch ein gefährliches Medium, da immer davon ausgegangen wird, dass die Fotografie eine gewisse Wahrheit widerspiegelt, im Sinne von “Das muss so gewesen sein”. Aber genau das ist auch das Spannende an diesem Medium – die Manipulation und der Eingriff des Künstlers oder der Künstlerin in das – von der Kamera geschaffene – Bild.

Was erwartet uns in deiner Ausstellung, die Teil des Ausstellungsprogramms der ersten Ausgabe von FOTO WIEN ist?
Die Ausstellung I Can Be Her ist ein sehr kleiner Auszug aus der gleichnamigen Werk-Gruppe. Sie ist das Resultat eines zweimonatigen Las Vegas Aufenthalts: ein Brief, schreibmaschinengetippt, 35 Zeilen, eine bizarre Liebeserklärung eines Fremden namens Troy. Die Arbeit umkreist diesen Brief und mit ihm eine Person, die zwar existiert, irgendwie aber auch nicht, und zielt auf Fragen nach Realität und Erfindung. Gerade auch was die Liebe betrifft, die ja, vor allem am Anfang, einen fiktiven Aspekt hat. Dass man jemanden auf eine Art und Weise erfindet, wie man ihn gerne hätte, und dann erst sukzessive mehr über diese Person erfährt. I Can Be Her war der Versuch, Aspekte von Liebe, Illusion und Identitätsfindung zu thematisieren. Troy hat sich mich in diesem Brief auf eine Art und Weise „daher phantasiert“, und ich drehe das um und erfinde ihn auf eine andere Art und Weise. Trotzdem bleibt viel Offenheit für die betrachtende Person.

Interview: Florian Langhammer
Fotos: Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin, falls nicht anders angegeben

Connect with us
Als Subscriber erfahren Sie als erstes von neuen Stories und Editionen und erhalten unser zweiwöchentliches Culture Briefing.