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Judith Fegerl, Andreas Duscha »power harvest«

Ausstellungen

Judith Fegerl I Andreas Duscha
»power harvest«
18 Oktober – 26 November, 2022

Mit power harvest organisiert Collectors Agenda eine Duo-Schau mit zwei neuen Werkreihen von Judith Fegerl (*1977, Wien) und Andreas Duscha (*1976, Heidenheim a. d. Brenz).

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Judith Fegerls Skulpturen und Installationen sind aufgeladen, wenn sie ausgestellt werden; sie haben zuvor einen Prozess durchlaufen, bei dem sie auf elektrische Ströme reagieren, womit Fegerl den Großteil der Verantwortung in diesem Schaffensprozess an elektro-chemische Reaktionen abgibt.

In jüngster Zeit setzt Fegerl alternative Energiequellen ein, um ihre Werke unter Strom zu setzen oder zu manipulieren, wobei sie sich auf Photovoltaik-Panele konzentriert und deren ästhetische Qualitäten, aber vor allem deren gesellschaftliche und geopolitische Dimension erforscht.

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Die Werke von Andreas Duscha sind von ästhetischer, fast poetischer Qualität, doch dahinter verbirgt sich eine Geschichte, die es zu entdecken gilt. Duscha recherchiert ausgiebig, gräbt sich durch Archive und historischen Berichte, um Anekdoten von Ereignissen und Begebenheiten von unterschiedlicher soziologischer Relevanz aufzudecken und lädt Betrachter:innen ein, in verschiedene Wahrnehmungsebenen einzutauchen.

Als Träger seiner Erzählungen wählt Duscha charakteristischerweise Spiegelglas. Im Zuge seiner Auseinandersetzung mit analogen Fototechniken wie der Cyanotypie, die Zufällen unterworfen ist, versucht Duscha zunehmend beide Techniken zu kombinieren und interpretiert den Spiegel als eine Art unbelichtetes Negativ, das eine bestimmte „Aura“ einzufangen und reflektieren vermag.

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In der aktuellen Ausstellung power harvest setzen sich Judith Fegerl und Andreas Duscha mit dem unstillbaren (und doch nie erfüllbaren) Drang des Menschen nach unendlicher Energie und dem Traum, diese Energie erzeugen zu können, auseinander. Nicht zufällig verdanken die beiden Werkserien ihre Existenz dem Einfluss der Sonne auf ihre Entstehung.

Andreas Duschas verspiegelte Cyanotypien - eine langsam reagierende fotografische Formulierung, auch Eisenblaudruck genannt, die bei Lichteinfall einen cyanblauen Abzug erzeugt - benötigen etwa 15 Minuten für ihre Entstehung. Jedes Werk zeigt einen anderen gewagten Apparat eines Erfinders, der auf der Suche nach einem Perpetuum Mobile ist, einer Maschine, die ohne externe Energiequelle unendlich lange in Bewegung bleiben würde. Rückblickend waren all diese Versuche zum Scheitern verurteilt, da sie entweder gegen den ersten oder den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik oder gegen beide verstoßen.

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Der Mensch kann Energieflüsse nicht vollständig kontrollieren. Seit der Erfindung des ersten Solarpanels durch Charles Fritts im Jahr 1883, das gerade einmal einen Wirkungsgrad von etwa 1 % erzeugte, sind wir trotz unvorstellbarer technologischer Fortschritte heute immer noch nur in der Lage, 20 % des Sonnenlichts in nutzbare Energie umzuwandeln.

Um ihre schillernden Objekte herzustellen, beschichtet Judith Fegerl Messingplatten in einem galvanischen Bad mit Kupfer und setzt damit einen Prozess in Gang, der schwer zu steuern ist, da er hauptsächlich von der Sonne gesteuert wird. Die elektrische Energie, die für den Verkupferungsprozess benötigt wird, wird direkt von einer Reihe von Solarpanelen eingespeist, die an den Fenstern des Ateliers der Künstlerin installiert sind. Die Sonneneinstrahlung nährt und regelt dabei den Prozess der Bildentstehung, in dem die Künstlerin ihren eigenen Einfluss abgeben muss. Im Ergebnis entstehen vordefinierte, aber variierende Kreisformen in der Mitte jeder Platte, die an die von Soundgarden (1994) besungene Black Hole Sun erinnern mögen.

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Der größte Traum der Menschheit ist es, Energie zu „erzeugen“ oder „anzubauen“ zu lassen, was in den Begriffen „Energieerzeugung“ oder dem englischen Wort „power plant“ mitschwingt, als ob Energie nur etwas wäre, auf deren Wachstum wir warten müssten, bis wir sie abernten können. Wie auch das Perpetuum Mobile ist diese Vorstellung ein Trugschluss, da wir Energie nur von einem Zustand in einen anderen umwandeln können und dabei eventuell schädliche Folgen in Kauf nehmen müssen, die wir noch immer ignorieren und damit an künftige Generationen weitergeben – wie Kohlenstoffemissionen und Erdverschmutzung.

In der Mitte des Raumes befindet sich ein von Judith Fegerl gestaltetes Solarpanel. Es sammelt Energie aus dem Sonnenlicht, das es tagsüber durch die Fenster des Ausstellungsraums empfängt, und wandelt sie nachts in UV-Pflanzenlicht um und strahlt es ab. Während des Eröffnungsabends wird der Ausstellungsraum intervall-weise abgedunkelt, um die Ausstellung in dem direkt von der Sonne „geernteten“ Licht zu erleben.

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